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Katarina Mose, vitra GmbH
Katarina Mose, vitra GmbH

Was hat New Work mit schönen neuen Arbeitswelten zu tun?

Beitrag von Katarina Mose, Workplace Development bei vitra GmbH

Die kurze Antwort: wenig. Die lange Antwort ist komplizierter und kommt an der Herkunft des Begriffs nicht vorbei. Vielen mag der Name des knapp 90-jährigen Frithjof Bergmann geläufig sein, jenes österreichisch-amerikanischen Philosophen, der den Begriff „New Work“ in den 1970er Jahren prägte. Zu dieser Zeit begann der Niedergang der US-amerikanischen Automobilindustrie, hervorgerufen durch die Ölkrise und den wachsenden ausländischen Wettbewerb.

Bergmanns Vision, die vom Jobverlust bedrohten Arbeiter von General Motors u.a. mittels einer Art Kurzarbeit (sechs Monate Lohnarbeit, sechs Monate freie Zeitgestaltung) in eine utopische postindustrielle Gesellschaft zu führen, scheiterte: Das „Center for New Work“ – von ihm gegründet in 1984 in Flint (Michigan) – schloss seine Tore bereits vier Jahre später. Doch auch heute noch glaubt Bergmann, dass Arbeit „die man wirklich wirklich will“, die also sinnstiftend ist, einen transformatorischen Effekt auf den Einzelnen und damit auf die Gesellschaft haben kann. Und er ist damit nicht allein: der ehemalige McKinsey-Mann Frédéric Laloux oder der Unternehmensberater Simon Sinek plädieren ebenfalls für eine grundsätzliche Sinnhaftigkeit allen unternehmerischen Tuns und eine damit einhergehende andere Art der Führung mit Ermächtigung der Mitarbeiter.

Allerdings lässt sich eine neue Führungskultur weder durch wolkige Claims noch durch schicke Loftbüros und regelmäßige Teamevents herbeireden. Unternehmen schaffen es damit vielleicht kurzfristig, kostbare Fachkräfte (am liebsten Millenials oder jünger) anzuheuern. Doch dann werden diese neuen Mitarbeiter umgehend ruhiggestellt und zu Konsumenten gemacht, indem ihre Arbeitgeber versuchen, ihnen ein möglichst sorgenfreies Leben zu bereiten. Stellenanzeigen, die Bewerbern ein paradiesisches Arbeitsumfeld versprechen („Du bekommst bei uns kostenloses Mittagessen, Obst und Kaffee…“) erwecken bisweilen den Anschein, als ob die eigentliche Arbeit nur noch am Rande relevant oder interessant sei. Begriffe wie Teilhabe, Ermächtigung oder auch nur Mitspracherecht findet man hier dagegen kaum.

Man liest auf Unternehmenswebseiten „Wir führen New Work ein“, als handele es sich um eine neue Software, die alle Probleme lösen könnte. Doch New Work ist kein Tool. New Work ist noch nicht einmal eine praxistaugliche Theorie – Bergmann liefert nämlich leider kaum konkrete Handlungsempfehlungen.

New Work ist und bleibt eine schillernde Projektionsfläche für mal mehr, mal weniger fundierte organisationstheoretische Ansätze, die zumindest auf absehbare Zeit ganze Heere von Beratern ernähren werden. Es bleibt zu hoffen, dass Lalouxs Ideal der „Teal Organization“ dabei eine größere Rolle spielt: diese Unternehmen stellen ihre Rolle innerhalb der gesellschaftlichen Verhältnisse immer wieder in Frage und streben mit mündigen und verantwortlichen Mitarbeitern danach, das Wohl der Welt zu mehren. Klingt pathetisch. Ist es vielleicht auch. Aber eben auch rasend sympathisch – wer würde nicht für ein solches Unternehmen arbeiten wollen?

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